Ergänzung zum letzten Blogeintrag
Die Gesichte von Harry hat mich so mitgenommen, dass ich ganz vergessen habe von Flos & meiner ersten nordirischen Beerdigung zu berichten.
Zum Glück war es so, dass es uns nicht persönlich betraf, aber dennoch war es eine sehr seltsame Erfahrung. Am Freitag den 20. Januar 2012 wollten Flo & ich runter in die Stadt laufen, um Tickets für das bevorstehende Modestep-Konzert zu kaufen. Wir schlenderten also durch die Mainstreet & irgendwas war anderes als sonst, aber wir konnten nicht sagen was. Nach einer kurzen Weile fiel es uns doch auf. Es fuhren keine Autos & die Geschäfte hatten alle ihre Rollläden runter, was für diese Uhrzeit nicht üblich ist. Dann noch ca. 15 Menschen in einer Reihe an der Straßenseite, also würden sie auf einen Bus warten. Plötzlich kam ein Leichenwagen, gefolgt von ungefähr 300 Menschen, um die Ecke. Ihnen voran sechs Männer die einen Sarg durch die Stadt trugen. Dieses uns unvertraute Szenario wurde durch die untergehende Sonne noch unterstrichen. Was war das? Welch bedeutender Mensch muss verstorben sein, dass ein solches Prozedere durchgeführt wird. Um das zu erfragen, riefen wir unseren Koch Cooper an, der uns dann, unter heftigem Lachen erklärte, dass es hier ganz normal sei & dass auf diesen Weg alle Verstorbenen beerdigt werden. Was aber noch dazu kommt, ist dass der Tote für zwei Tage in das eigene Haus, damit sich alle Verwanden & Bekannte in Respekt verabschieden können. Nach diesen Tagen wir der Sarg vom Haus des Verstorbenen zur Kapelle getragen & dann begraben. Dennoch ist es sehr strange. Jedoch empfinden die Menschen hier, unseren Weg der Beerdigung als sehr kalt, unpersönlich & respektlos.
Samstag 21. Januar 2012
Nachdem wir Rod fragten, ob er uns nach Belfast fahren könnte & dieser uns aber leider keinen „lift“ geben konnte, fuhr uns dann Hugh, ein Volunteer der schon bei der Gründung Greenhills dabei war. Er ist ca. Ende 60 Anfang 70 & sieht aus wie ein typischer Brite. Immer gut gekleidet, hört für sein Leben gerne klassische Musik & was das aller coolste ist, ist dass er ein Backberry mit Internetflatrate hat. So kann er immer & überall im Internet seine Konzerttickets buchen. Da Merry & Pipin auf dem Weg nach Belfast geschlafen haben, habe ich mich mit Hugh super unterhalten. Er erzählte mir, was er vor seinem Ruhestand gemacht hat, wie er geholfen hat Greenhill aufzubauen & wir haben über Gerald Annesley (http://en.wikipedia.org/wiki/Earl_Annesley ) geredet, dem fast ganz Newcastle & Umgebung gehört & der Greenhill das Gelände geschenkt hat.
In Belfast angekommen, ging es dann auch gleich zur Stiff Kitte Bar(http://www.shine.net/kittenbar ) wo wir die Tickest für 10£ statt 11,50 kauften. Nun hatten wir aber noch gute 5Std. bis zum Beginn des Abends zu überbrücken. Was tun? Die Anderen schlugen vor ins Kino zu gehen, aber da ich nicht so flüssig war/bin, sagte ich, dass ich dann ins Jasons Wohnung gehen würde & die Zeit dort überbrücken würde. Zum Glück hatte mir Jason seinen Schlüssel gegeben & so würde seine Unterkunft auch unsere Bleibe für die Nacht stellen. Flo, Merry & Pipin entschieden sich dann doch auch mit zu kommen & so machten wir uns auf den Weg durch Belfast Richtung Stranmillis.
Dort spielten wir ein wenig Playstation2, hörten Musik & tranken n paar Bierchen. Um 2100h ging es dann los. Erster Stopp the Parlour (http://www.parlourbar.co.uk/ ) ein bei Studenten sehr beliebter Pub, wo es ein Harp Ice gab. Anschließen begaben wir uns zum Stiff Kitten Club. Das Konzert war einfach der Hammer. Ich war ja nun schon auf einigen Konzerten, aber das Modestep-Konzert war einfach unbeschreiblich. Kann da auch nicht mehr zu sagen. Es hat einfach alles gestimmt.
So feierten wir bis zum nächsten Morgen & liefen dann vollgepumpt mit Endorphinen zurück zum College. Der Weg dauerte länger als gedacht. Wir mussten den Hintereingang suchen, da man sich eigentlich für die Nacht anmelden musst, wir es aber nicht gemacht haben. Also mussten wir versuchen den Blicken der Securityguards entweichen.
Sonntag 22. Januar 2012
Die Nacht war kurz & ziemlich unbequem. Ich teilte mir mit Merry ein 80x200cm Bett. Die einzige Decke hatten wir Flo zur Verfügung gestellt, der mit Pipin auf dem Boden schlief. Um 12 standen wir dann auf, da wir nicht den ganzen Tag in Jasons Flat bleiben wollten. Am Abend hatten wir versucht Rod zu kontaktieren, ob er uns nicht abholen könnte, er wusste es noch nicht ganz, aber wir waren der festen Überzeugung, dass es schon irgendwie klappen würde, also räumten wir alle unsere Konten leer, was im Durchschnitt 10£ war. Nun rief Rod uns an & sagte dass er ein super wichtiges Familiengespräch hatte & er uns deswegen nicht abholen könne, dass uns aber ein Taxi aus Newcastle abholen könnte & uns für 40£ zurück fahren könne. Das Gute daran war, dass wir das Taxi nicht sofort entlohnen mussten. Also machten wir das. Erschöpft, hungrig & ungewaschen kamen wir dann nach einer sehr lustigen Fahrt in Greenhill an.
Den Rest des Tages verbachten wir mit rumliegen, duschen, essen & am Abend einer kleinen DVD.
Dienstag 24. Januar 2012
Mal wieder hatte Flo auf seinen Streifzügen durch das Internet etwas super Interessantes entdeckt. Der heutige Tag sollte der beste Tag sein & zwar seit 30 Jahren, an denen man die Polarlichter sehen konnte. Also überredeten wir Rod mit uns an die Nordküste zu fahren, um diese Lichter zu sehen. Ich meine, wer hat nicht den Traum dieses Naturspektakel mal mit eigenen Augen zu sehen. Nach dem Training ging es dann auch schon los. Rod, Flo, Merry, Pipin, Stefan, Kevin & ich machten uns also tatsächlich auf den Weg. Leider war das Wetter sehr verhalten & so zogen über uns die Wolken in Scharen vorbei. Dennoch waren wir voller Erwartungen & konnten es kaum abwarten endlich die Nordküste zu erreichen.
Caslterocks, in der Nähe von Portstewart, wo ich immer mit Aidan surfen gehe, sollte der beste Platz sein, um diese Lichter zu sehen. Doch auch hier war es einfach nur bewölk. So warteten wir gute drei Stunden. Neben uns warteten schon zwei Personen im Auto. Flo & ich stiegen aus & unterhielten uns mit den Beiden. Es waren ein älterer Mann & seine Tochter die ganz aus der Nähe kamen & uns etwas beschmunzelten, da wir den weiten Weg aus Newcastle auf uns genommen hatten, um letztendlich nur einen wolkenbehangenen Himmel zu sehen.
So brachten wir um 1am. unsere Warterei ab & machten uns geschlagen auf den Rückweg. Ich saß mit Flo vorne um Rod in ein Gespräch zu verwickeln, dass er nicht einschlafen würde. Die Crew im hinteren Teil des Busses schlief schon tief & fest & auch ich konnte der Müdigkeit nicht wiederstehen. Also ich wieder aufwachte, hörte ich zum Glück Rod & Flo sich unterhalten & so wusste ich, dass Flo stark geblieben ist.
Wie der nächste Tag war könnt ihr euch ja sicherlich vorstellen.
Die nächsten Tage überspringe ich, da nichts sonderlich Spannendes vorgefallen ist. Wie üblich absolvierten Pipin & ich unser tägliches Training & so warteten wir auf das Wochenende, an dem vier Gruppen nach Greenhill kommen sollten.
Freitag hatten wir alle frei. Die Einen den ganzen Tag, die Anderen nur bis 1700h da sie dann den Job des Grouphost hatten. Da ich aber schon länger arbeite als alle Anderen & deswegen in den ersten Tagen viele Session hatte, blieb ich verschont & konnte den ganzen Tag in vollen Zügen genießen, was da ja heißt ausschlafen & nichts machen.
Am Abend entschieden wir uns, das Team Germany: Flo, Pipin, Merry, Andre & ich in Flos & meinen Lieblingspub Mekkins zu gehen. Dort findet immer am letzten Freitag des Monats eine traditionelle irische Floksession statt, was immer total beeindrucken & entspannend ist. So ging es runter auf ein Pint, tolle aber sehr intime Stimmung & wunderbare Musik. Zuvor hatten wir uns noch die Haare geschnitten. So schnitt ich Merrys & Flos Haare & Flo schnitt sie dann mir.
Da wir aber am Samstag alle auf Session waren, ging es um kurz vor 12 dann aber wieder zurück & ab ins Bett.
Samstag 28. Januar 2012
Der heutige Tag sollte Nässe & Spaß mit sich bringen. Am Morgen hatte ich eine shallow boulderin‘ session mit einer Mädchengruppe aus Belfast. Was man dazu vielleicht wissen muss. Hier in der UK übertriebenes Makeup eine Normalität. Gerade Mädchen die aus größeren Städten lesen entweder die falschen Modemagazine, nehmen falsche Frauen als Vorbild oder versuchen ihre extrem schlechte Haut unter Tonnen von Makeup zu verstecken. Ich kann es euch nicht sagen, aber wie auch immer diese Gruppe sollte eine solche sein, aber durch die Bank weg. Deswegen war ich recht überrascht, als ich am Morgen bei ihnen in die Unterkunft ging & sie, auf jeden Fall für ihre Verhältnisse, dezent geschminkt vorfand. Später erfuhr ich, dass man mich als advanced water instructor angekündigt hatte & sie sich sicher sein sollten, dass ich dafür sorgen würde, dass jegliches Makeup im Laufe meiner Session schwinden würde. – Gute Arbeit Kollegen-
Dann ging es auch schon los. Nach einem kurzen Kennlernspiel & dem darauf folgendem Einkleiden marschierten wir zum Fluss. Das Wasser war eisig, aber die Mädels schlugen sich bis zu einem gewissen Punkt recht gut. Dann splittete sich die Gruppe in zwei. Die Jammertruppe & die Begeisterten. Es ist nämlich so, dass sobald es kalt wird, viele junge Menschen die wenig mit Natur anfangen können, denken sie würden sich bei jedem Stoß verletzten. So schickte ich die eine Hälfte der Gruppe mit einer der Gruppenleiterin aus dem Fluss, sie sollten den Weg hochlaufen & oberhalb des Tullybranniganriver auf uns warten. So boulderten wir Anderen eifrig weiter & beendeten die Session mit dem Greenhillheart-kiss. Dieses ist ein Spiel, bei dem die Gruppenteilnehmer einen Stein hinter einem kleinen Wasserfall küssen können & dann einen Wunsch frei haben.
In meiner Mittagspause hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit einem Bauarbeiter, der eine Röhre für unser neues Internetkabel verlegte, über die Nahrungsqualität, die EU & über das Dritte Reich.
Am Nachmittag hatte ich dann eine Raftbuilding session mit Brenton. Es war echt spannend wie er die Session gestaltete. Total anders als ich es von Aidan kenne. Er gibt der Gruppe nur das Material & etwas Zeit zum Überlegen, welches Material die Gruppe verwenden will, welche Form das Floß haben soll. Nach einer kurzen Besprechung müssen sie es dann ohne jegliche Hilfe bauen & dann eine Strecke auf dem Castlewellanlake zurücklegen.
Die Gruppe baute ein erstaunlich stabiles Raft & so gelang es ihnen in einer Rettungsaktion den Rest der Gruppe zu retten & mit 12 Mann wieder zurück zum Anleger zu paddeln.
Den Abend verbrachten wir damit, eine neue Serie zu beginnen. Spartacus(http://www.imdb.com/title/tt1442449/ ) Mhh, was soll ich davon halten. Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht.
Sonntag 29. Januar 2012
Heute hatten Flo & ich uns vorgenommen, über die Mournemountains nach Kilkeel zu wandern, um Rod & seine Mutter zu besuchen. Wir machten uns also auf einen langen ungemütlichen Walk bereit. Regenhose, Regenjacke. Karte, warme Getränke & etwas Proviant. Rucksack mit Wechselkleidung, Taschenlampen & ner Menge guten Gesprächsstoff ging es dann bei strömenden Regen los. Aber schon nach ca. 2Meilen, war Flos Regenhose schon komplett durchnässt. Davon ließen wir uns jedoch nicht abhalten. Nach einer knappen Stunde erreichten wir in Nebel gehüllt, die von Schneefeldern umgebene Mournewall. Die Sicht wurde immer schlechter & so betraten wir die uns bis dato völlig unbekannte Seite der Mauer. Ein Blick auf die Karte & die Grobe Richtung war klar. Irgendwann sollte ein Fluss kommen dem wir Talwärts folgen könnten & somit in die Tiefebene des Ben Chrom Reservats gelangen würden. Von dort aus waren es noch gute drei Stunden über das Sielent Valley zum Carpark, wo Rod uns abholen wollte.
Also wanderten wir. Es fing an zu schneien & zu hageln. Nun spürte auch ich ein klammes Gefühl an den Waden. Meine Regenhose sollte auch nicht dicht halten. Was aber noch viel schlimmer war, war das sich die Sicht immer mehr verschlechterte. So konnten wir zeitweise nur 2-3m weit gucken, was nicht gerade die beste Ausgangssituation ist, wenn man in einem völlig unbekannten Gebiet unterwegs ist. Man sich an prägnanten Punkten, wie Klippen, Flüsse oder Berge orientieren will, aber nicht mal seine eigene Hand sehen kann. Nach einer weiteren Stunde beschlossen wir umzukehren. Flo fror. Ich musste meine Brille abnehmen, da diese mit Wassertropfen übersät & dazu noch beschlagen war. So wanderten wir den ganzen Weg wieder zurück. Nach 3:15Studen kamen wir, komplett durchnässt & verfroren in Greenhill an. Dennoch war es eine sehr tolle Aktion, da Flo & ich super Gesprächsthemen hatten, es einfach mal gut tat an der frischen Luft zu sein & seinen Beinen etwas Gutes zu tun. Nach einer heißen Dusche & einem leckeren Mittagessen, machten wir uns dann daran den Wohnbereich & die Küche aufzuräumen. Das ist Teil des neuen Putzplans. So hat jeder Volunteer einen Raum zu putzen. Die Räume wechseln jede Woche, so dass jeder mal jeden Raum säubert. Ich muss sagen, bis auf ein paar Kleinigkeiten, haben alle einen guten Job gemacht. Abschließend sollte dann ein Meeting stattfinden, in dem wir uns alle für 20min zusammen setzten wollten, um die Woche zu besprechen. Dieses Meeting war von mir um 22h angesetzt. Ich dachte mir schon fast, dass keiner kommen würde. Ich verabredete mich um 21h mit meinen Eltern zum skypen. Danach wollte ich noch mit ner Freundin reden & fragte Pipin deswegen um 22h ob schon jemand da wäre. Als er dieses nur mit: Ja ich & Flo beantwortete, entschied ich mich nicht das Gebäude wieder zu wechsel. Er sollte mir Bescheid geben, wenn doch noch jmd. kommen würde. Dies war jedoch nicht der Fall, aber dennoch führte diese Situation zur ersten Spannung zwischen Flo & mir.
Ich war einfach so wütend, dass nur weil ich Hausrepräsentant bin, alles an mir hängen sollte. Ja klar hatte ich das Treffen einberufen. Doch wenn keiner kommt & sich auch keiner angesprochen fühlt die Initiative zu ergreifen & den Anderen, die einen Raum weiter einen Film geschaut habe, Bescheid zu geben, dass jetzt ein Treffen ist, dann kann es doch nicht NUR an mir liegen, ihnen dafür auch noch in den Arsch zu treten. Es funktioniert einfach nicht, eine Gemeinschaft aufzubauen, wenn sich nur einer darum kümmern soll.
Ich weiß dennoch nicht genau warum, aber es war ein super blödes Gefühl im Bett zu liegen & zu wissen, dass es nun das erste Mal war, dass ich ins Bett gegangen bin, ohne Flo eine gute Nacht gewünscht zu haben. Das erste Mal das wir ungeklärt einschlafen würden. Ich wälzte mich noch ne gute Stunde herum, weil es mich echt beschäftigte.
Modestep live @ Stiff Kitten Club/Belfast |
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